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Verwaltungsverfahrens- und -zustellungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (VVZG-EKD)

Vom 28. Oktober 2009

(ABl. EKD 2009 S. 334 ),
zuletzt geändert am 9. November 2022 (ABl. EKD 2022, S. 158)

Lfd. Nr.
Änderndes Recht
Datum
Fundstelle
ABl. EKD
Paragrafen
Art der
Änderung
1
Berichtigung
15. Oktober 2010
§ 24 Abs. 2 u. 4
§ 59 Abs. 2 Nr. 2
2
Kirchengesetz
9. November 2022
§ 2 Abs. 2 Satz 2
§ 55 Abs. 2 Satz 2
neu gefasst
neu gefasst
Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland hat nach Artikel 10 Absatz 1 und Artikel 10 a Absatz 2 Satz 1 Buchstabe b mit Zustimmung der Kirchenkonferenz nach Artikel 26 a Absatz 4 der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland das folgende Kirchengesetz beschlossen:
Inhaltsübersicht
§§
Teil I Allgemeine Vorschriften
Abschnitt 1 Anwendungsbereich, Elektronische Kommunikation
Abschnitt 2 Verfahrensgrundsätze
Abschnitt 3 Fristen, Termine, Wiedereinsetzung
Abschnitt 4 Amtliche Beglaubigung
Teil II Verwaltungsakt
Abschnitt 1 Zustandekommen des Verwaltungsaktes
Abschnitt 2 Bestandskraft des Verwaltungsaktes
Teil III Rechtsbehelfsverfahren gegen Verwaltungsakte
Teil IV Öffentlich-rechtlicher Vertrag
Teil V Verwaltungszustellung
Teil VI Schlussvorschriften
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Teil I Allgemeine Vorschriften

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Abschnitt 1 Anwendungsbereich, Elektronische Kommunikation

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§ 1 Anwendungsbereich

( 1 ) Dieses Kirchengesetz gilt
  1. für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Kirchenbehörden der Evangelischen Kirche in Deutschland, sowie der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, über die sie die Aufsicht führt,
  2. nach Maßgabe des § 62 Absatz 2 und des § 63 für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Kirchenbehörden der Gliedkirchen, ihrer Kirchengemeinden, Kirchenkreise, Kirchenbezirke und anderer Untergliederungen, der gliedkirchlichen Zusammenschlüsse sowie der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, über die eine Gliedkirche oder ein gliedkirchlicher Zusammenschluss die Aufsicht führt,
    soweit sie aufgrund kirchlichen Rechts öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ausüben. Das kirchliche Recht bestimmt die Kirchenbehörden, die die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ausüben. Kirchenbehörde im Sinne dieses Kirchengesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der kirchlichen Verwaltung wahrnimmt.
( 2 ) Die Vorschriften dieses Kirchengesetzes gelten nicht, soweit Rechtsvorschriften der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Gliedkirchen und gliedkirchlichen Zusammenschlüsse inhaltsgleiche oder entgegenstehende Vorschriften enthalten. Die Vorschriften dieses Kirchengesetzes gelten weiterhin nicht, soweit die Kirchenbehörde hoheitliche Aufgaben kraft staatlichen Rechts wahrnimmt.
( 3 ) Die Vorschriften dieses Kirchengesetzes mit Ausnahme der §§ 55 bis 60 gelten ferner nicht für
  1. Verfahren im Zusammenhang mit geistlichen Amtshandlungen oder anderen geistlichen Handlungen,
  2. Verfahren, die Wahlen zu einem kirchlichen Amt, von kirchlichen Organen und anderen kirchlichen Gremien betreffen,
  3. Verfahren, die nach der Abgabenordnung durchzuführen sind,
  4. Visitationsverfahren,
  5. Lehrbeanstandungsverfahren.
Die Evangelische Kirche in Deutschland, die Gliedkirchen und gliedkirchlichen Zusammenschlüsse können durch Kirchengesetz oder aufgrund eines Kirchengesetzes bestimmen, dass dieses Kirchengesetz für weitere Verfahren ganz oder teilweise keine Anwendung findet.
( 4 ) Für die Tätigkeit der Kirchenbehörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen sowie der kirchlichen Schulen und Hochschulen bei Versetzungs- und anderen Entscheidungen, die auf einer Leistungsbeurteilung beruhen, gelten nur die §§ 3, 4, 5, 6, 9 bis 14, 16 bis 24, 27 bis 47 dieses Kirchengesetzes.
( 5 ) Für Berufungsverfahren an kirchlichen Hochschulen sind die §§ 15, 16 und 26 dieses Kirchengesetzes nicht anzuwenden.
( 6 ) Für Personalentscheidungen, die durch ein Gremium getroffen werden, ist § 26 nicht anzuwenden.
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§ 2 Elektronische Kommunikation

( 1 ) Soweit das kirchliche Recht dies zulässt, ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, sofern der Empfänger oder die Empfängerin hierfür einen Zugang eröffnet hat.
( 2 ) Eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Das kirchliche Recht kann bestimmen, dass in diesem Fall das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (elDAS-Verordnung) zu versehen ist. Die Signierung mit einem Pseudonym, das die Identifizierung der Person des Signaturschlüsselinhabers nicht ermöglicht, ist nicht zulässig. Im Rechtsverkehr zwischen Kirchenbehörden kann von dem Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur abgesehen werden.
( 3 ) Ist ein der Kirchenbehörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, teilt sie dies dem oder der Absendenden unter Angabe der für ihn oder sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mit. Macht ein Empfänger oder eine Empfängerin geltend, er oder sie könne das von der Kirchenbehörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm oder ihr erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.
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Abschnitt 2 Verfahrensgrundsätze

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§ 3 Begriff des Verwaltungsverfahrens

Das Verwaltungsverfahren im Sinne dieses Kirchengesetzes ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Kirchenbehörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichtet ist; es schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags ein.
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§ 4 Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens

Das Verwaltungsverfahren ist an bestimmte Formen nicht gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Es ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen. Die Sprache des Verwaltungsverfahrens ist deutsch.
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§ 5 Beteiligungs- und Handlungsfähigkeit

( 1 ) Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind natürliche und juristische Personen sowie Kirchenbehörden.
( 2 ) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind
  1. natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig sind,
  2. natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, soweit sie
    1. für den Gegenstand des Verfahrens durch Vorschriften des bürgerlichen Rechts als geschäftsfähig oder durch Vorschriften des öffentlichen oder kirchlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt sind,
    2. nach kirchlichem Recht in bestimmten Bereichen handlungsfähig sind,
  3. juristische Personen sowie kirchliche Behörden oder Behörden im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes.
( 3 ) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter oder eine geschäftsfähige Betreute nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er oder sie nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers oder der Betreuerin handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen oder kirchlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.
( 4 ) Die §§ 53 und 55 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
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§ 6 Beteiligte

( 1 ) Beteiligte sind
  1. Antragsteller und Antragstellerin sowie Antragsgegner und Antragsgegnerin,
  2. diejenigen, an die die Kirchenbehörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
  3. diejenigen, mit denen die Kirchenbehörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,
  4. diejenigen, die nach Absatz 2 von der Kirchenbehörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind.
( 2 ) Die Kirchenbehörde kann von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Hat der Ausgang des Verfahrens unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten oder eine Dritte, so ist dieser oder diese auf Antrag als Beteiligter oder Beteiligte zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er oder sie der Kirchenbehörde bekannt ist, hat diese ihn oder sie von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.
( 3 ) Wer anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter oder Beteiligte.
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§ 7 Bevollmächtigte und Beistände

( 1 ) Ein Beteiligter oder eine Beteiligte kann sich durch einen Bevollmächtigten oder eine Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Der Bevollmächtigte oder die Bevollmächtigte hat auf Verlangen die Vollmacht schriftlich nachzuweisen. Ein Widerruf der Vollmacht wird der Kirchenbehörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht.
( 2 ) Die Vollmacht wird weder durch den Tod des Vollmachtgebers oder der Vollmachtgeberin noch durch eine Veränderung in seiner oder ihrer Handlungsfähigkeit oder seiner oder ihrer gesetzlichen Vertretung aufgehoben; der oder die Bevollmächtigte hat jedoch, wenn er oder sie für den Rechtsnachfolger oder die Rechtsnachfolgerin im Verwaltungsverfahren auftritt, dessen oder deren Vollmacht auf Verlangen schriftlich beizubringen.
( 3 ) Ist für das Verfahren ein Bevollmächtigter oder eine Bevollmächtigte bestellt, so soll sich die Kirchenbehörde an ihn oder sie wenden. Sie kann sich an den Beteiligten oder die Beteiligte selbst wenden, soweit er oder sie zur Mitwirkung verpflichtet ist. Wendet sich die Kirchenbehörde an den Beteiligten oder die Beteiligte, so soll der oder die Bevollmächtigte verständigt werden. § 57 bleibt unberührt.
( 4 ) Ein Beteiligter oder eine Beteiligte kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem oder der Beteiligten vorgebracht, soweit der oder die Beteiligte dem nicht unverzüglich widerspricht.
( 5 ) Bevollmächtigte und Beistände müssen Mitglied einer Kirche sein, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen angehört. In besonderen Ausnahmefällen kann die Kirchenbehörde Personen als Bevollmächtigte oder Beistände zulassen, die die Voraussetzung nach Satz 1 nicht erfüllen.
( 6 ) Bevollmächtigte und Beistände sind zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes Rechtsdienstleistungen erbringen. Sie sind ferner zurückzuweisen, wenn sie die Voraussetzung nach Absatz 5 Satz 1 nicht erfüllen und keine Zulassung nach Absatz 5 Satz 2 gegeben ist.
( 7 ) Bevollmächtigte und Beistände können vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind; vom mündlichen Vortrag können sie nur zurückgewiesen werden, wenn sie zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig sind.
( 8 ) Die Zurückweisung nach den Absätzen 6 und 7 ist auch dem oder der Beteiligten, dessen oder deren Bevollmächtigter oder Bevollmächtigte oder Beistand zurückgewiesen wird, mitzuteilen. Verfahrenshandlungen der zurückgewiesenen Bevollmächtigten oder Beistände, die diese nach der Zurückweisung vornehmen, sind unwirksam.
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§ 8 Bestellung eines oder einer Empfangsbevollmächtigten

Ein Beteiligter oder eine Beteiligte ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat der Kirchenbehörde auf Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist einen Empfangsbevollmächtigten oder eine Empfangsbevollmächtigte im Inland zu benennen. Wird dies unterlassen, gilt ein an ihn oder sie gerichtetes Schreiben am siebten Tage nach der Aufgabe zur Post und ein elektronisch übermitteltes Dokument am dritten Tage nach der Absendung als zugegangen. Dies gilt nicht, wenn feststeht, dass das Dokument den Empfänger oder die Empfängerin nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Auf die Rechtsfolgen der Unterlassung ist hinzuweisen.
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§ 9 Ausgeschlossene Personen

( 1 ) In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Kirchenbehörde nicht tätig werden,
  1. wer selbst Beteiligter oder Beteiligte ist,
  2. wer Angehöriger oder Angehörige von Beteiligten ist,
  3. wer einen Beteiligten oder eine Beteiligte kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oder in diesem Verwaltungsverfahren vertritt,
  4. wer Angehöriger oder Angehörige einer Person ist, die Beteiligte in diesem Verfahren vertritt,
  5. wer bei einem Beteiligten oder einer Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihm oder ihr als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist; dies gilt nicht für Personen, die in den genannten Organen auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung ihrer oder ihres Dienstvorgesetzten oder ihrer obersten Dienstbehörde tätig sind,
  6. wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist.
Dem oder der Beteiligten steht gleich, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Dies gilt nicht, wenn der Vor- oder Nachteil nur darauf beruht, dass jemand einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt sind.
( 2 ) Wer nach Absatz 1 ausgeschlossen ist, darf bei Gefahr im Verzug unaufschiebbare Maßnahmen treffen.
( 3 ) Wird die Kirchenbehörde durch mehrere Personen geleitet und hält sich ein Mitglied des Leitungsorgans für ausgeschlossen oder bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 gegeben sind, ist dies dem oder der Vorsitzenden mitzuteilen. Das Leitungsorgan entscheidet über den Ausschluss. Der oder die Betroffene darf an dieser Entscheidung nicht mitwirken. Das ausgeschlossene Mitglied darf bei der weiteren Beratung und Beschlussfassung nicht zugegen sein.
( 4 ) Angehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 4 sind:
  1. der oder die Verlobte,
  2. der Ehegatte oder die Ehegattin,
  3. der Lebenspartner oder die Lebenspartnerin,
  4. Verwandte und Verschwägerte gerader Linie,
  5. Geschwister,
  6. Kinder der Geschwister,
  7. Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, des Lebenspartners oder der Lebenspartnerin
  8. Geschwister der Eltern,
  9. Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).
Angehörige sind die in Satz 1 aufgeführten Personen auch dann, wenn
  1. in den Fällen der Nummern 2, 3, 4 und 7 die die Beziehung begründende Ehe oder Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht,
  2. in den Fällen der Nummern 4 bis 8 die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist,
  3. im Falle der Nummer 9 die häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, sofern die Personen weiterhin wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind.
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§ 10 Besorgnis der Befangenheit

Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder wird von einem Beteiligten oder einer Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, so hat, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Kirchenbehörde tätig werden soll, die Leitung der Kirchenbehörde zu unterrichten und sich auf deren Anordnung der Mitwirkung zu enthalten. Betrifft die Besorgnis der Befangenheit den Leiter oder die Leiterin der Kirchenbehörde, so trifft diese Anordnung die kirchliche Aufsichtsbehörde, sofern sich der Kirchenbehördenleiter oder die Kirchenbehördenleiterin nicht selbst einer Mitwirkung enthält. Wird die Kirchenbehörde durch mehrere Personen geleitet, gilt für Mitglieder eines Leitungsorgans § 9 Absatz 3 entsprechend.
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§ 11 Beginn des Verfahrens

Die Kirchenbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durchführt. Dies gilt nicht, wenn sie auf Grund von Rechtsvorschriften
  1. von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muss,
  2. nur auf Antrag tätig werden darf und ein Antrag nicht vorliegt.
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§ 12 Untersuchungsgrundsatz

( 1 ) Die Kirchenbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.
( 2 ) Die Kirchenbehörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
( 3 ) Die Kirchenbehörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
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§ 13 Beratung, Auskunft

( 1 ) Die Kirchenbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.
( 2 ) Die Behörde erörtert, soweit erforderlich, bereits vor Stellung eines Antrags mit dem zukünftigen Antragsteller, welche Nachweise und Unterlagen von ihm zu erbringen sind und in welcher Weise das Verfahren beschleunigt werden kann. Soweit es der Verfahrensbeschleunigung dient, soll sie dem Antragsteller nach Eingang des Antrags unverzüglich Auskunft über die voraussichtliche Verfahrensdauer und die Vollständigkeit der Antragsunterlagen geben.
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§ 14 Beweismittel

( 1 ) Die Kirchenbehörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere
  1. Auskünfte jeder Art einholen,
  2. Beteiligte anhören, Zeugen und Zeuginnen sowie Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen, Zeugen und Zeuginnen einholen,
  3. Urkunden und Akten beiziehen,
  4. den Augenschein einnehmen.
( 2 ) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben und die in ihrem Besitz befindlichen Urkunden und anderen Schriftstücke vorlegen, wenn sie für das Verfahren von Bedeutung sind. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit dies durch kirchliche Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
( 3 ) Für Zeugen und Zeuginnen sowie Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch kirchliche Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Falls die Kirchenbehörde Zeugen, Zeuginnen und Sachverständige herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Kirchengerichtsgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland in der jeweils geltenden Fassung eine Entschädigung oder Vergütung.
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§ 15 Anhörung Beteiligter

( 1 ) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten oder einer Beteiligten eingreift, ist ihm oder ihr Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
( 2 ) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
  1. eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im kirchlichen Interesse notwendig erscheint,
  2. durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
  3. von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten oder einer Beteiligten, die dieser oder diese in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen oder ihren Ungunsten abgewichen werden soll,
  4. die Kirchenbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will.
( 3 ) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes kirchliches Interesse entgegensteht.
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§ 16 Akteneinsicht durch Beteiligte

( 1 ) Die Kirchenbehörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Satz 1 gilt nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung.
( 2 ) Die Kirchenbehörde ist zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit durch sie die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt, das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem kirchlichen Wohl Nachteile bereiten würde oder soweit die Vorgänge nach kirchlichen Rechtsvorschriften oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, insbesondere wenn es sich um Vorgänge seelsorgerlichen Charakters handelt, geheim gehalten werden müssen.
( 3 ) Die Akteneinsicht erfolgt bei der Kirchenbehörde, die die Akten führt. Im Einzelfall kann die Einsicht auch bei einer anderen Kirchenbehörde erfolgen, weitere Ausnahmen kann die Kirchenbehörde, die die Akten führt, gestatten.
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§ 17 Datenschutz und Geheimhaltung

( 1 ) Für den Schutz personenbezogener Daten in einem Verwaltungsverfahren gelten das Kirchengesetz über den Datenschutz der Evangelischen Kirche in Deutschland in der jeweils geltenden Fassung und die aufgrund dieses Kirchengesetzes erlassenen Verordnungen sowie die zur Ergänzung und Durchführung dieses Kirchengesetzes erlassenen Rechtsvorschriften der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Gliedkirchen und gliedkirchlichen Zusammenschlüsse.
( 2 ) Die Beteiligten haben Anspruch darauf, dass ihre Geheimnisse, insbesondere die zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisse sowie die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, von der Kirchenbehörde nicht unbefugt offenbart werden.
( 3 ) Das Beicht- und Seelsorgegeheimnis ist unverbrüchlich zu wahren.
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Abschnitt 3 Fristen, Termine, Wiedereinsetzung

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§ 18 Fristen und Termine

( 1 ) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.
( 2 ) Der Lauf einer Frist, die von einer Kirchenbehörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn dem oder der Betroffenen etwas anderes mitgeteilt wird.
( 3 ) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Dies gilt nicht, wenn dem oder der Betroffenen unter Hinweis auf diese Vorschrift ein bestimmter Tag als Ende der Frist mitgeteilt worden ist.
( 4 ) Hat eine Kirchenbehörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, so endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.
( 5 ) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, so werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.
( 6 ) Fristen, die von einer Kirchenbehörde gesetzt sind, können verlängert werden. Sind solche Fristen bereits abgelaufen, so können sie rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Die Kirchenbehörde kann die Verlängerung der Frist nach § 23 mit einer Nebenbestimmung verbinden.
( 7 ) Absatz 6 gilt nicht für Fristen, die durch Kirchengesetz bestimmt werden.
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§ 19 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

( 1 ) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm oder ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters oder einer Vertreterin ist dem oder der Vertretenen zuzurechnen.
( 2 ) Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
( 3 ) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
( 4 ) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Kirchenbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.
( 5 ) Die Wiedereinsetzung ist unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist.
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Abschnitt 4 Amtliche Beglaubigung

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§ 20 Beglaubigung von Dokumenten

( 1 ) Jede Kirchenbehörde ist befugt, Abschriften von Urkunden, die sie selbst ausgestellt hat, zu beglaubigen. Darüber hinaus sind die von der jeweiligen obersten Kirchenbehörde durch allgemeine Regelung bestimmten Kirchenbehörden befugt, Abschriften zu beglaubigen, wenn die Urschrift von einer kirchlichen Behörde oder einer Behörde im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes ausgestellt ist oder die Abschrift zur Vorlage bei einer solchen Behörde benötigt wird, sofern nicht durch Rechtsvorschrift die Erteilung beglaubigter Abschriften aus amtlichen Registern und Archiven anderen Dienststellen oder Behörden ausschließlich vorbehalten ist.
( 2 ) Abschriften dürfen nicht beglaubigt werden, wenn Umstände zu der Annahme berechtigen, dass der ursprüngliche Inhalt des Schriftstücks, dessen Abschrift beglaubigt werden soll, geändert worden ist, insbesondere wenn dieses Schriftstück Lücken, Durchstreichungen, Einschaltungen, Änderungen, unleserliche Wörter, Zahlen oder Zeichen, Spuren der Beseitigung von Wörtern, Zahlen und Zeichen enthält oder wenn der Zusammenhang eines aus mehreren Blättern bestehenden Schriftstücks aufgehoben ist.
( 3 ) Eine Abschrift wird beglaubigt durch einen Beglaubigungsvermerk, der unter die Abschrift zu setzen ist. Der Vermerk muss enthalten
  1. die genaue Bezeichnung des Schriftstücks, dessen Abschrift beglaubigt wird,
  2. die Feststellung, dass die beglaubigte Abschrift mit dem vorgelegten Schriftstück übereinstimmt,
  3. den Hinweis, dass die beglaubigte Abschrift nur zur Vorlage bei der angegebenen kirchlichen Behörde oder einer Behörde im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes erteilt wird, wenn die Urschrift nicht von einer solchen Behörde ausgestellt worden ist,
  4. den Ort und den Tag der Beglaubigung, die Unterschrift des oder der für die Beglaubigung zuständigen Bediensteten und das Dienstsiegel.
( 4 ) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Beglaubigung von
  1. Ablichtungen, Lichtdrucken und ähnlichen in technischen Verfahren hergestellten Vervielfältigungen,
  2. auf fototechnischem Wege von Schriftstücken hergestellten Negativen, die bei einer kirchlichen Behörde oder einer Behörde im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes aufbewahrt werden,
  3. Ausdrucken elektronischer Dokumente,
  4. elektronischen Dokumenten,
    1. die zur Abbildung eines Schriftstücks hergestellt wurden,
    2. die ein anderes technisches Format als das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verbundene Ausgangsdokument erhalten haben.
( 5 ) Der Beglaubigungsvermerk muss zusätzlich zu den Angaben nach Absatz 3 Satz 2 bei der Beglaubigung
  1. des Ausdrucks eines elektronischen Dokuments, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verbunden ist, die Feststellungen enthalten,
    1. wen die Signaturprüfung als Inhaber oder Inhaberin der Signatur ausweist,
    2. welchen Zeitpunkt die Signaturprüfung für die Anbringung der Signatur ausweist und
    3. welche Zertifikate mit welchen Daten dieser Signatur zugrunde lagen,
  2. eines elektronischen Dokuments den Namen des oder der für die Beglaubigung zuständigen Bediensteten und die Bezeichnung der Kirchenbehörde, die die Beglaubigung vornimmt, enthalten; die Unterschrift des oder der für die Beglaubigung zuständigen Bediensteten und das Dienstsiegel nach Absatz 3 Satz 2 Nr. 4 werden durch eine dauerhaft überprüfbare qualifizierte elektronische Signatur ersetzt.
Wird ein elektronisches Dokument, das ein anderes technisches Format als das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verbundene Ausgangsdokument erhalten hat, nach Satz 1 Nr. 2 beglaubigt, muss der Beglaubigungsvermerk zusätzlich die Feststellungen nach Satz 1 Nr. 1 für das Ausgangsdokument enthalten.
( 6 ) Die nach Absatz 4 hergestellten Dokumente stehen, sofern sie beglaubigt sind, beglaubigten Abschriften gleich.
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§ 21 Beglaubigung von Unterschriften

( 1 ) Die von der jeweiligen obersten Kirchenbehörde durch allgemeine Regelung bestimmten Kirchenbehörden sind befugt, Unterschriften zu beglaubigen, wenn das unterzeichnete Schriftstück zur Vorlage bei einer kirchlichen Behörde oder einer Behörde im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder bei einer sonstigen Stelle, der auf Grund einer Rechtsvorschrift das unterzeichnete Schriftstück vorzulegen ist, benötigt wird. Dies gilt nicht für
  1. Unterschriften ohne zugehörigen Text,
  2. Unterschriften, die der öffentlichen Beglaubigung nach § 129 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bedürfen.
( 2 ) Eine Unterschrift soll nur beglaubigt werden, wenn sie in Gegenwart des oder der beglaubigenden Bediensteten vollzogen oder anerkannt wird.
( 3 ) Der Beglaubigungsvermerk ist unmittelbar bei der Unterschrift, die beglaubigt werden soll, anzubringen. Er muss enthalten
  1. die Bestätigung, dass die Unterschrift echt ist,
  2. die genaue Bezeichnung desjenigen oder derjenigen, dessen oder deren Unterschrift beglaubigt wird, sowie die Angabe, ob sich der oder die für die Beglaubigung zuständige Bedienstete Gewissheit über diese Person verschafft hat und ob die Unterschrift in seiner oder ihrer Gegenwart vollzogen oder anerkannt worden ist,
  3. den Hinweis, dass die Beglaubigung nur zur Vorlage bei der angegebenen kirchlichen Behörde oder einer Behörde im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder Stelle bestimmt ist,
  4. den Ort und den Tag der Beglaubigung, die Unterschrift des oder der für die Beglaubigung zuständigen Bediensteten und das Dienstsiegel.
( 4 ) Die Absätze 1 bis 3 gelten für die Beglaubigung von Handzeichen entsprechend.
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Teil II Verwaltungsakt

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Abschnitt 1 Zustandekommen des Verwaltungsaktes

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§ 22 Begriff des Verwaltungsaktes

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere einseitige Maßnahme, die eine Kirchenbehörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
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§ 23 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt

( 1 ) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.
( 2 ) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit
  1. einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
  2. einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
  3. einem Vorbehalt des Widerrufs
    oder verbunden werden mit
  4. einer Bestimmung, durch die dem oder der Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
  5. einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.
( 3 ) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.
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§ 24 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes

( 1 ) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
( 2 ) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der oder die Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 2 Absatz 2 findet insoweit keine Anwendung.
( 3 ) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Kirchenbehörde und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters oder der Behördenleiterin, seines oder ihres Vertreters oder seiner oder ihrer Vertreterin oder seines oder ihrer Beauftragten oder, soweit die Kirchenbehörde durch ein aus mehreren Personen bestehendes Organ geleitet wird, die Unterschrift des oder der Vorsitzenden oder der zu seiner oder ihrer Vertretung berechtigten oder von ihm oder ihr beauftragten Person erkennen lassen. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Kirchenbehörde erkennen lassen.
( 4 ) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 2 Absatz 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
( 5 ) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige oder diejenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm oder ihr betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
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§ 25 Zusicherung

( 1 ) Eine von der zuständigen Kirchenbehörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen kirchlichen Behörde oder einer Behörde im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde gegeben werden.
( 2 ) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 32, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer kirchlicher Behörden oder Behörden im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes § 33 Absatz 1 Nr. 3 und 4 sowie Absatz 2, auf die Rücknahme § 36, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 37 entsprechende Anwendung.
( 3 ) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Kirchenbehörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Kirchenbehörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.
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§ 26 Begründung des Verwaltungsaktes

( 1 ) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Kirchenbehörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Kirchenbehörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
( 2 ) Einer Begründung bedarf es nicht,
  1. soweit die Kirchenbehörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines oder einer anderen eingreift,
  2. soweit demjenigen oder derjenigen, für den oder die der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der oder die von ihm betroffen wird, die Auffassung der Kirchenbehörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn oder sie ohne weiteres erkennbar ist,
  3. wenn die Kirchenbehörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist,
  4. wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
  5. wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.
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§ 27 Ermessen

Ist die Kirchenbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
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§ 28 Bekanntgabe des Verwaltungsaktes

( 1 ) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen oder derjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den oder die er bestimmt ist oder der oder die von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter oder eine Bevollmächtigte bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm oder ihr gegenüber vorgenommen werden.
( 2 ) Ein schriftlicher Verwaltungsakt gilt bei der Übermittlung durch die Post im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post, ein Verwaltungsakt, der elektronisch übermittelt wird, am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Kirchenbehörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
( 3 ) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
( 4 ) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
( 5 ) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.
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§ 29 Offenbare Unrichtigkeiten im Verwaltungsakt

Die Kirchenbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des oder der Beteiligten ist zu berichtigen. Die Kirchenbehörde ist berechtigt, die Vorlage des Dokuments zu verlangen, das berichtigt werden soll.
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§ 30 Rechtsbehelfsbelehrung

( 1 ) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der oder die Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
( 2 ) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe oder Zustellung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei.
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Abschnitt 2 Bestandskraft des Verwaltungsaktes

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§ 31 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes

( 1 ) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen oder derjenigen, für den oder die er bestimmt ist oder der oder die von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm oder ihr bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
( 2 ) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
( 3 ) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
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§ 32 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes

( 1 ) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet oder gegen Schrift und Bekenntnis verstößt und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
( 2 ) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
  1. der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Kirchenbehörde aber nicht erkennen lässt,
  2. der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
  3. den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
  4. der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
  5. der gegen die guten Sitten verstößt.
( 3 ) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
  1. Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
  2. eine nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
  3. eine durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufene Kirchenbehörde den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
  4. die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Kirchenbehörde unterblieben ist.
( 4 ) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Kirchenbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
( 5 ) Die Kirchenbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller oder die Antragstellerin hieran ein berechtigtes Interesse hat.
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§ 33 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern

( 1 ) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 32 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
  1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,
  2. die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
  3. die erforderliche Anhörung eines oder einer Beteiligten nachgeholt wird,
  4. die erforderliche Mitwirkung einer anderen Kirchenbehörde nachgeholt wird.
( 2 ) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines kirchengerichtlichen oder anderen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
( 3 ) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines oder einer Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 19 Absatz 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
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§ 34 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 32 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
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§ 35 Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes

( 1 ) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Kirchenbehörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
( 2 ) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Kirchenbehörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen oder die Betroffene ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
( 3 ) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.
( 4 ) § 15 ist entsprechend anzuwenden.
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§ 36 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes

( 1 ) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
( 2 ) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der oder die Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und das Vertrauen unter Abwägung mit dem kirchlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der oder die Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er oder sie nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der oder die Begünstigte nicht berufen, wenn er oder sie
  1. den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
  2. den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
  3. die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.
( 3 ) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Kirchenbehörde dem oder der Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den er oder sie dadurch erleidet, dass er oder sie auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit das Vertrauen unter Abwägung mit dem kirchlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der oder die Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Kirchenbehörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Kirchenbehörde den Betroffenen oder die Betroffene auf sie hingewiesen hat.
( 4 ) Erhält die Kirchenbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
( 5 ) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach gliedkirchlichem Recht zuständige Kirchenbehörde.
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§ 37 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes

( 1 ) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
( 2 ) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
  1. wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
  2. wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der oder die Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm oder ihr gesetzten Frist erfüllt hat,
  3. wenn die Kirchenbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das kirchliche Interesse gefährdet würde,
  4. wenn die Kirchenbehörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der oder die Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das kirchliche Interesse gefährdet würde,
  5. um schwere Nachteile für das kirchliche Interesse zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 36 Absatz 4 gilt entsprechend.
( 3 ) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
  1. wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird,
  2. wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der oder die Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 36 Absatz 4 gilt entsprechend.
( 4 ) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Kirchenbehörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
( 5 ) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Kirchenbehörde. Dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Kirchenbehörde erlassen worden ist.
( 6 ) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Kirchenbehörde den Betroffenen oder die Betroffene auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser oder diese dadurch erleidet, dass er oder sie auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit das Vertrauen schutzwürdig ist. § 36 Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
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§ 38 Erstattung, Verzinsung

( 1 ) Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist von der Kirchenbehörde durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
( 2 ) Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der oder die Begünstigte nicht berufen, soweit er oder sie die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
( 3 ) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der oder die Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat oder die Verzinsung für ihn oder sie eine unbillige Härte bedeuten würde und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Kirchenbehörde festgesetzten Frist leistet.
( 4 ) Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, so können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Absatz 3 Satz 1 verlangt werden. Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind. § 37 Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.
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§ 39 Rücknahme und Widerruf im Rechtsbehelfsverfahren

§ 36 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 bis 4 sowie § 37 Absatz 2 bis 4 und 6 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem oder einer Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird.
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§ 40 Wiederaufgreifen des Verfahrens

( 1 ) Die Kirchenbehörde hat auf Antrag des Betroffenen oder der Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
  1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des oder der Betroffenen geändert hat,
  2. neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen oder der Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden,
  3. Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
( 2 ) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der oder die Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
( 3 ) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der oder die Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
( 4 ) Über den Antrag entscheidet die zuständige Kirchenbehörde. Dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Kirchenbehörde erlassen worden ist.
( 5 ) Die Vorschriften des § 36 Absatz 1 Satz 1 und des § 37 Absatz 1 bleiben unberührt.
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§ 41 Rückgabe von Urkunden und Sachen

Ist ein Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder ist seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben, so kann die Kirchenbehörde die auf Grund dieses Verwaltungsaktes erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern. Der Inhaber oder die Inhaberin und, sofern er oder sie nicht der Besitzer oder die Besitzerin ist, auch der Besitzer oder die Besitzerin dieser Urkunden oder Sachen ist zu ihrer Herausgabe verpflichtet. Der Inhaber oder die Inhaberin oder der Besitzer oder die Besitzerin kann jedoch verlangen, dass ihm oder ihr die Urkunden oder Sachen wieder ausgehändigt werden, nachdem sie von der Kirchenbehörde als ungültig gekennzeichnet sind; dies gilt nicht bei Sachen, bei denen eine solche Kennzeichnung nicht oder nicht mit der erforderlichen Offensichtlichkeit oder Dauerhaftigkeit möglich ist.
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Teil III Rechtsbehelfsverfahren gegen Verwaltungsakte

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§ 42 Vorverfahren

( 1 ) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn dies durch Kirchengesetz bestimmt ist oder wenn der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.
( 2 ) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
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§ 43 Widerspruch

( 1 ) Das Vorverfahren beginnt mit der Erhebung des Widerspruchs.
( 2 ) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem oder der Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich bei der Kirchenbehörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Kirchenbehörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.
( 3 ) § 18 gilt entsprechend.
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§ 44 Anhörung

Ist die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren erstmalig mit einer Beschwer verbunden, soll der oder die Betroffene vor Erlass des Abhilfebescheids oder des Widerspruchsbescheids gehört werden.
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§ 45 Abhilfeentscheidung

Hält die Kirchenbehörde den Widerspruch für begründet, so hilft sie ihm ab und entscheidet über die Kosten.
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§ 46 Widerspruchsbescheid

( 1 ) Hilft die Kirchenbehörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erlässt die nächsthöhere Kirchenbehörde, soweit nicht durch Kirchengesetz eine andere Kirchenbehörde bestimmt ist.
( 2 ) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung entsprechend § 30 zu versehen und zuzustellen. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.
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§ 47 Erstattung von Kosten im Vorverfahren

( 1 ) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat die Kirchenbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen oder derjenigen, der oder die Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.
( 2 ) Soweit der Widerspruch erfolglos geblieben ist, hat derjenige oder diejenige, der oder die den Widerspruch eingelegt hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Kirchenbehörde zu erstatten.
( 3 ) Wenn ein Beteiligter oder eine Beteiligte teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten verhältnismäßig zu verteilen.
( 4 ) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin oder eines oder einer sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung notwendig war.
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Teil IV Öffentlich-rechtlicher Vertrag

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§ 48 Zulässigkeit

Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Kirchenbehörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen oder derjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde.
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§ 49 Vergleichsvertrag

Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 48, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), kann geschlossen werden, wenn die Kirchenbehörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält.
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§ 50 Austauschvertrag

( 1 ) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 48 Satz 2, in dem sich der Vertragspartner oder die Vertragspartnerin der Kirchenbehörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, kann geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Kirchenbehörde zur Erfüllung ihrer kirchlichen Aufgaben dient. Die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Kirchenbehörde stehen.
( 2 ) Besteht auf die Leistung der Kirchenbehörde ein Anspruch, so kann nur eine solche Gegenleistung vereinbart werden, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 23 sein könnte.
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§ 51 Schriftform

Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist schriftlich zu schließen, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist.
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§ 52 Zustimmung von Dritten und Behörden

( 1 ) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in Rechte eines Dritten oder einer Dritten eingreift, wird erst wirksam, wenn der oder die Dritte schriftlich zustimmt.
( 2 ) Wird anstatt eines Verwaltungsaktes, bei dessen Erlass nach einer Rechtsvorschrift die Genehmigung, die Zustimmung oder das Einvernehmen einer anderen kirchlichen Behörde oder einer Behörde im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes erforderlich ist, ein Vertrag geschlossen, so wird dieser erst wirksam, nachdem die andere Behörde in der vorgeschriebenen Form mitgewirkt hat.
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§ 53 Nichtigkeit

( 1 ) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt.
( 2 ) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 48 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn
  1. ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre,
  2. ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 34 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war,
  3. die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 34 rechtswidrig wäre,
  4. sich die Kirchenbehörde eine nach § 50 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt.
( 3 ) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist er im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.
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§ 54 Anpassung und Kündigung in besonderen Fällen, ergänzende Anwendung von Vorschriften

( 1 ) Haben die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen. Die Kirchenbehörde kann den Vertrag auch kündigen, um schwere Nachteile für das kirchliche Interesse zu verhüten oder zu beseitigen.
( 2 ) Die Kündigung bedarf der Schriftform, soweit nicht durch kirchliche Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Die Kündigung soll begründet werden.
( 3 ) Soweit sich aus den §§ 48 bis 54 Absatz 1 und 2 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Kirchengesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.
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Teil V Verwaltungszustellung

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§ 55 Zustellung

( 1 ) Die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungsangelegenheiten von Kirchenbehörden, die nach kirchlichen Rechtsvorschriften oder kirchenbehördlicher Anordnung zuzustellen sind, geschieht
  1. bei der Zustellung durch die Post durch Einschreiben oder durch Postzustellung mit Zustellungsurkunde,
  2. bei der Zustellung durch die Kirchenbehörde durch Übergabe an den Empfänger oder die Empfängerin; wird die Annahme des Schriftstückes oder die Unterschrift unter das Empfangsbekenntnis verweigert, so gilt das Schriftstück im Zeitpunkt der Weigerung als zugestellt, wenn eine Niederschrift über den Vorgang zu den Akten gebracht ist,
  3. durch öffentliche Zustellung.
( 2 ) Ein elektronisches Dokument kann elektronisch zugestellt werden, soweit der Empfänger oder die Empfängerin hierfür einen Zugang eröffnet hat. Das Dokument ist mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach der elDAS-Verordnung zu versehen. Zum Nachweis der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis, das an die Kirchenbehörde zurückzusenden ist.
( 3 ) Die Kirchenbehörde hat die Wahl zwischen den Zustellungsarten nach Absatz 1 Nr. 1 und 2.
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§ 56 Zustellung an gesetzliche Vertreter oder Vertreterinnen

( 1 ) Bei Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen ist an ihre gesetzlichen Vertreter oder Vertreterinnen zuzustellen. Gleiches gilt bei Personen, für die ein Betreuer oder eine Betreuerin bestellt ist, soweit der Aufgabenkreis des Betreuers oder der Betreuerin reicht.
( 2 ) Bei kirchlichen Behörden oder Behörden im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes wird an den Leiter oder die Leiterin der Behörde, bei juristischen Personen, nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Zweckvermögen an ihre gesetzlichen Vertreter oder Vertreterinnen zugestellt.
( 3 ) Bei mehreren gesetzlichen Vertretern oder Vertreterinnen oder Leitern oder Leiterinnen der Kirchenbehörde genügt die Zustellung an einen oder eine von ihnen.
( 4 ) Der oder die zustellende Bedienstete braucht nicht zu prüfen, ob die Anschrift den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 entspricht.
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§ 57 Zustellung an Bevollmächtigte

( 1 ) Zustellungen können an die allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an diese zu richten, wenn er oder sie eine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter oder eine Bevollmächtigte für mehrere Beteiligte bestellt, so genügt die Zustellung eines Dokuments an ihn oder sie für alle Beteiligten.
( 2 ) Einem oder einer Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen, wie Beteiligte vorhanden sind.
( 3 ) Das zuzustellende Schriftstück an kirchliche Behörden oder Behörden im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, Rechtsanwälte oder Rechtsanwältinnen, Patentanwälte oder Patentanwältinnen, Notare oder Notarinnen, Steuerberater oder Steuerberaterinnen, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüferinnen, vereidigte Buchprüfer oder Buchprüferinnen, Steuerberatungsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften kann auch auf andere Weise, auch elektronisch, gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis, das an die Kirchenbehörde zurückzusenden ist.
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§ 58 Heilung von Zustellungsmängeln

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem oder der Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 57 Absatz 3 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger oder die Empfängerin das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.
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§ 59 Zustellung im Ausland

( 1 ) Hält sich der Empfänger oder die Empfängerin im Ausland auf und hat er oder sie keinen bekannten Aufenthaltsort im Inland oder keinen Empfangsbevollmächtigten oder keine Empfangsbevollmächtigte nach § 8, ist das zuzustellende Schriftstück im Ausland zuzustellen, sofern eine Anschrift bekannt ist, an die zugestellt werden kann.
( 2 ) Eine Zustellung im Ausland erfolgt
  1. durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post oder
  2. durch Übermittlung elektronischer Dokumente nach § 2, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist.
( 3 ) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein oder das Empfangsbekenntnis nach § 57 Absatz 3 Satz 2.
( 4 ) Die Kirchenbehörde kann bei der Zustellung nach Absatz 2 anordnen, dass die Person, an die zugestellt werden soll, innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten oder eine Zustellungsbevollmächtigte benennt, der oder die im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter oder keine Zustellungsbevollmächtigte benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Dokument unter der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post aufgegeben wird. Das Dokument gilt am siebten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn nicht feststeht, dass es den Empfänger oder die Empfängerin nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Die Kirchenbehörde kann eine längere Frist bestimmen. In der Anordnung nach Satz 1 ist auf diese Rechtsfolge hinzuweisen. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Dokument zur Post gegeben wurde.
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§ 60 Öffentliche Zustellung

( 1 ) Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn
  1. der Aufenthaltsort des Empfängers oder der Empfängerin unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder eine Vertreterin oder einen Zustellungsbevollmächtigten oder eine Zustellungsbevollmächtigte nicht möglich ist oder
  2. sie im Falle des § 59 nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht.
Die Anordnung über die öffentliche Zustellung trifft die Kirchenbehörde, die das Verwaltungsverfahren betreibt.
( 2 ) Die öffentliche Zustellung erfolgt durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an der Stelle, die von der obersten Kirchenbehörde hierfür allgemein bestimmt ist. Die Benachrichtigung muss
  1. die Kirchenbehörde, für die zugestellt wird,
  2. den Namen und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsadressaten oder der Zustellungsadressatin,
  3. das Datum und das Aktenzeichen des Dokuments sowie
  4. die Stelle, wo das Dokument eingesehen werden kann
erkennen lassen. Die Benachrichtigung muss den Hinweis enthalten, dass das Dokument öffentlich zugestellt wird und Fristen in Gang gesetzt werden können, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen können. Bei der Zustellung einer Ladung muss die Benachrichtigung den Hinweis enthalten, dass das Dokument eine Ladung zu einem Termin enthält, dessen Versäumung Rechtsnachteile zur Folge haben kann. In den Akten ist zu vermerken, wann und wie die Benachrichtigung bekannt gemacht wurde. Das Dokument gilt als zugestellt, wenn seit dem Tag der Bekanntmachung der Benachrichtigung zwei Wochen vergangen sind.
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Teil VI Schlussvorschriften

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§ 61 Überleitung von Verfahren

Bereits begonnene Verfahren sind nach den Vorschriften dieses Kirchengesetzes zu Ende zu führen.
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§ 62 Inkrafttreten

( 1 ) Dieses Kirchengesetz tritt mit Wirkung für die Evangelische Kirche in Deutschland am 1. Januar 2010 in Kraft.
( 2 ) Dieses Kirchengesetz tritt mit Wirkung für die jeweilige Gliedkirche oder den jeweiligen gliedkirchlichen Zusammenschluss in Kraft, nachdem diese oder dieser die Zustimmung erklärt hat. Die Zustimmung ist jederzeit möglich. Den Zeitpunkt, zu dem dieses Kirchengesetz in den jeweiligen Gliedkirchen oder dem jeweiligen gliedkirchlichen Zusammenschluss in Kraft tritt, bestimmt der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland durch Verordnung.1#
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§ 63 Außerkrafttreten

Die Gliedkirchen und gliedkirchlichen Zusammenschlüsse können dieses Kirchengesetz jederzeit je für ihren Bereich außer Kraft setzen. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland stellt durch Verordnung fest, dass und zu welchem Zeitpunkt das Kirchengesetz jeweils außer Kraft getreten ist.

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1 ↑ Dieses Gesetz ist am 1.1.2010 für die Ev. Kirche von Westfalen und die Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland in Kraft getreten (1. Verordnung, ABl. EKD 2009 S. 357).
Dieses Gesetz ist am 1.4.2010 für die Vereinigte Ev.-Luth. Kirche Deutschlands in Kraft getreten (2. Verordnung, ABl. EKD 2010 S. 126).
Dieses Gesetz ist am 1.1.2011 für die Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Bremische Ev. Kirche, Ev. Kirche in Kurhessen-Waldeck, Lippische Landeskirche, Nordelbische Ev.-Luth. Kirche, Pommersche Ev. Kirche, Ev. Kirche in Württemberg und die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers in Kraft getreten (3. Verordnung, ABl. EKD 2010 S. 351).
Dieses Gesetz ist am 1.4.2011 für die Ev. Kirche im Rheinland in Kraft getreten (4. Verordnung, ABl. EKD 2011 S. 61).
Dieses Gesetz ist am 1.7.2011 für die Ev.-ref. Kirche, am 1.8.2011 für die Ev. Kirche von Hessen und Nassau, Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg und am 1.1.2012 für die Ev. Kirche in Mitteldeutschland in Kraft getreten (5. Verordnung, ABl. EKD 2011 S. 148).
Dieses Gesetz ist am 1. März 2012 für die Ev. Kirche der Pfalz in Kraft getreten (6. Verordnung, ABl. EKD 2012 S. 38).
Dieses Gesetz ist am 1. Februar 2013 für die Evangelische Landeskirche in Baden und für die Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland in Kraft getreten (7. Verordnung, ABl. EKD 2013 S. 34). Für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern tritt das Gesetz zum 1. Juli 2013 in Kraft (ABl. EKD 2013 S. 106).
Dieses Gesetz ist am 1. Januar 2021 für die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig in Kraft getreten. (8. Verordnung, ABl. EKD 2021 S. 64).
Dieses Gesetz ist am 1. Mai 2021 für die Evangelische Kirche Anhalts in Kraft getreten. (9. Verordnung, ABl. EKD 2021 S. 151).