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Besuchsordnung (Visitationsordnung) für die Evangelisch-reformierten Gemeinden in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

Vom 27. April 2009

Das Evangelisch-reformierte Moderamen in der EKBO hat am 27. April 2009 in Ausführung von § 15 des Kirchengesetzes über die Ordnung der Visitation in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vom 15. November 2008 folgende Besuchsordnung (Visitationsordnung) erlassen.
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Präambel

Niemand kann für sich allein Christ sein. Auch eine christliche Gemeinde kann nicht isoliert für sich existieren. Sie braucht einen Austausch mit anderen, ist angewiesen auf Hilfen, benötigt das kritische Gespräch (vgl. 1 Kor 12, 4 - 26; Röm 1, 11 – 12; Apg 14, 21 f.). Visitationen sind geschwisterlicher Dienst aneinander zur Stärkung der Gemeinde, ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Gemeinschaft in Bindung an die Heilige Schrift und die reformierten Bekenntnisse, insbesondere den Heidelberger Katechismus, die Confession de foi und die Discipline ecclésiastique des églises reformées de France. Visitationen sind laut Artikel 32 der Confession de foi gut und nützlich, wenn die, so zu Leitenden gewählt sind, untereinander darauf bedacht sind, welche rechte Mitte sie halten müssen zwecks Leitung des Ganzen (Apg 16, 6, 25).
Visitationen begründen weder Vorrecht noch Herrschaft.
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Wesen und Aufgaben der Visitation

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§ 1

( 1 ) Für die Durchführung der Visitation hat das Evangelisch-reformierte Moderamen gemäß Artikel 91 der Grundordnung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz die Verantwortung.
( 2 ) Die Visitation ist notwendig, um die Einhaltung der jeweils gültigen Bekenntnisse sowie der kirchlichen Gesetze und Verordnungen zu sichern. Sie soll vor allem Hilfe zur Selbstprüfung der Gemeinde sein und zu einem in die Zukunft gerichteten Gemeindeaufbau ermutigen. Bei der Visitation soll darauf geachtet werden, dass die Verkündigung schriftgemäß ist, den in der Kirchengemeinde geltenden Bekenntnissen entspricht, auf die Gegenwart ausgerichtet ist und dass die Sakramente gemäß dem Bekentnisstand der Kirchengemeinde verwaltet werden. Die Visitatoren achten auch darauf, ob die Verkündigungspflichten ordnungsgemäß ausgeübt werden und alle Inhaber von Ämtern die ihnen zustehenden Rechte und Pflichten ungehindert ausüben können.
( 3 ) Die Visitation hat die Aufgabe, durch Trösten, Ermahnen, Belehren und Prüfen die Gemeinden, insbesondere die zum Dienst an der Gemeinde Berufenen im Glauben und in der Liebe zu stärken und die Gemeinschaft der Gemeinden untereinander zu fördern und zu festigen. Ihr Ziel ist es, Gemeinden und ihren kirchliche Einrichtungen, Pfarrerinnen und Pfarrer sowie andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Erfüllung ihres gemeinsamen Auftrags zu unterstützen und sie zur Selbstprüfung anzuleiten. Bei der Visitation sucht auch das Moderamen im Gespräch Trost, Ermahnung, Belehrung und Prüfung bei der Gemeinde und den zum Dienst in ihr Berufenen.
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Visitation der Kirchengemeinde

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§ 2
Häufigkeit der Visitation

( 1 ) Die Visitationen erfolgen nach einem Zeitplan, den das Moderamen für seine Amtszeit im Benehmen mit dem Kreiskirchenrat und den Gemeinden, die in der Vereinigten Synode des Reformierten Kirchenkreises in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vertreten sind, festlegt und der Synode mitteilt.
( 2 ) Jede Kirchengemeinde soll in einem regelmäßigen Turnus von fünf bis acht Jahren visitiert werden. Gemeinden, die miteinander kooperieren, sollen nach Möglichkeit gemeinsam visitiert werden.
( 3 ) Ein bis zwei Jahre nach der Visitation hat die Gemeinde dem Moderamen zu berichten, ob es gelungen ist, die bei der Visitation gemeinsam erarbeiteten Zielvorstellungen umzusetzen, oder die Gründe zu benennen, weshalb die Umsetzung nicht erfolgt ist.
( 4 ) Unabhängig von der turnusmäßig vorgesehenen Visitation kann eine solche von der Gemeinde oder vom Kreiskirchenrat erbeten und vom Moderamen angeordnet werden.
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§ 3
Visitationskommission

Die turnusmäßige Visitation wird in der Regel von einer Visitationskommission durchgeführt, die nicht mehr als fünf Mitglieder haben soll und die von einem Mitglied des Moderamens geleitet wird. Das Moderamen beruft im Benehmen mit dem Kreiskirchenrat die Mitglieder der Visitationskommission grundsätzlich aus dem Kreis der Synodalen. Mitglieder der visitierten Gemeinde können nicht in die Visitationskommission berufen werden oder diese leiten. Die Visitationskommission kann externen Sachverstand hinzuziehen. Die Mitglieder der Visitationskommission sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.
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§ 4
Vorbereitung der Visitation

( 1 ) Das Moderamen gibt der Gemeinde mindestens vier Monate vor Beginn den Termin der Visitation bekannt. Es stellt einen Visitationsplan auf, benennt Leitfragen für die Visitation der einzelnen Handlungsfelder und holt beim Vorsitzenden des Presbyteriums die für die Visitation notwendigen Auskünfte ein. Dieses Auskunftsersuchen ist drei Monate vor dem Visitationstermin dem Presbyterium zuzustellen. Die Antworten sind als Gemeindebericht schriftlich drei Wochen vor der Durchführung der Visitation dem Leiter der Visitationskommission zu übersenden. Gleichzeitig fordert das Moderamen die Gemeinde auf, Anliegen zu benennen, zu denen sich das Moderamen im Zusammenhang mit der Visitation zu erklären hat.
( 2 ) Der Vorsitzende des Presbyteriums informiert die Mitglieder des Presbyteriums sowie die haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde zeitnah über die bevorstehende Visitation, die auch in der Kirchengemeinde rechtzeitig öffentlich bekannt gemacht werden muss. In der Bekanntmachung wird zu den gemeinsamen Veranstaltungen eingeladen und auf die Möglichkeit hingewiesen, persönliche Erfahrungen, Anregungen oder Beschwerden schriftlich oder mündlich der Visitationskommission zu unterbreiten. An den beiden der Visitation vorangehenden Gottesdiensten wird die Gemeinde erneut auf die Visitation hingewiesen.
( 3 ) Spätestens zwei Wochen vor Beginn der Visitation teilt der Pfarrer oder die Pfarrerin dem Moderamen den Text für die Predigt im Gemeindegottesdienst mit. Dieser Mitteilung sollen die Niederschriften von zwei im letzten Vierteljahr gehaltenen Predigten beigefügt werden.
( 4 ) Auf der Grundlage des Berichts des Presbyteriums legt die Kommission die Schwerpunkte der Visitation fest. Elemente der Visitation sind insbesondere:
  1. ein Gespräch mit dem Presbyterium, ganz oder zeitweise auch in Abwesenheit der Pfarrerin oder des Pfarrers,
  2. ein Gespräch mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer,
  3. Gespräche mit anderen haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
  4. Einzelgespräche mit Mitgliedern des Presbyteriums und einzelnen Gemeindemitgliedern,
  5. Besuch einzelner Einrichtungen der Gemeinde, die für die Gemeinde von Bedeutung sind.
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§ 5
Durchführung der Visitation

( 1 ) Die Visitation beginnt möglichst an einem Sonntag mit dem Gottesdienst. In einer Ansprache an die Gemeinde weist die Visitationskommission auf die Aufgaben und Ziele der Visitation hin und teilt mit, wann und wo die Mitglieder der Visitationskommission den Gemeindemitgliedern zu einer persönlichen Aussprache zur Verfügung stehen. Die Begegnung zwischen den Mitgliedern der Gemeinde und der Visitationskommission kann auch in einer Gemeindeversammlung geschehen.
( 2 ) Für die Aussprache mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vereinbart der Vorsitzende der Visitationskommission die geeignete Zeit.
( 3 ) An einem Visitationstag hält die Visitationskommission eine Besprechung mit dem Presbyterium ab. Zu dieser Zusammenkunft wird das Presbyterium wie zu einer ordentlichen Sitzung eingeladen. Der Vorsitzende der Kommission leitet die Sitzung. Das Presbyterium muss die Gelegenheit zu einer Aussprache in Abwesenheit des Pfarrers oder der Pfarrerin haben.
( 4 ) Die Visitation der Verwaltung der Gemeinde (Kirchenbücher, Protokolle des Presbyteriums, Aktenverwahrung, Archiv usw.) und notwendige Besichtigungen der Gebäude und Anlagen werden möglichst an einem der auf den Visitationssonntag folgenden Wochentage durchgeführt. Dabei sollen mehrere Mitglieder des Presbyteriums zugegen sein. Den Visitatoren ist über die finanzielle Situation der Gemeinde und ihrer Einrichtungen, über den Zustand der kirchlichen Gebäude und der Grundstücke zu berichten.
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§ 6
Abschluss, Auswertung und Ergebnisse der Visitation

( 1 ) Die Visitation schließt mit der Beratung der Visitatoren über die gemachten Erfahrungen und einer Schlussbesprechung mit dem Presbyterium; in ihr werden die Arbeitsergebnisse der Visitation zusammengefasst.
( 2 ) Nach Abschluss der Visitation fertigt die Visitationskommission innerhalb eines Monats einen gemeinsamen Bericht an, dem der Gemeindebericht sowie die von der beteiligten Pfarrerin oder dem Pfarrer, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Schwerpunkte der Visitation erarbeiteten Konzepte als Anlage beigefügt werden. Die Visitationskommission übergibt dem Moderamen diesen Bericht, unterbreitet Vorschläge für das weitere Verfahren und regt gegebenenfalls Konsequenzen an, z.B. durch die Erstellung eines Entwurfs einer Zielvereinbarung.
( 3 ) Das Moderamen erteilt einen Visitationsbescheid. Dieser zeigt vorrangig den Handlungsbedarf auf, der sich aus dem Bericht und dem Erlebten ergibt und schließt die Zielvereinbarungen ein, sofern solche zuvor mit dem Presbyterium getroffen worden sind.
( 4 ) Der Visitationsbescheid ist dem Presbyterium auszuhändigen und von diesem allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern der Gemeinde bekannt zu machen. Das gilt nicht, soweit Fragen erörtert werden, die ihrer Natur nach vertraulich sind. Entsprechende Bestandteile des Visitationsbescheides sind von dem Presbyterium ausdrücklich als vertraulich zu bezeichnen.
( 5 ) Bezugs- und Ausgangspunkt eines Zwischenberichts der Gemeinde gemäß § 2
Abs. 3 ist der vollständige Visitationsbescheid der letzten Visitation.
( 6 ) Der Visitationsbescheid und der Zwischenbescheid sind Grundlagen der vorlaufenden Berichterstattung der nächsten Visitation.
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Visitation des Reformierten Kirchenkreises

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§ 7

Für die Visitation des Kirchenkreises gelten die Bestimmungen der § 1 - 6 mit nachfolgenden Besonderheiten sinngemäß:
( 1 ) Bei einer Visitation des Kirchenkreises sollen zusätzlich in besonderer Weise die Dienstleistungen für die Gemeinden sowie die Zusammenarbeit der Gemeinden und die Wahrnehmung übergemeindlicher Aufgaben beachtet werden.
( 2 ) In die Visitation des Kirchenkreises kann auch die Visitation einzelner oder gar aller Gemeinden einbezogen werden.
( 3 ) Die Visitation kann auch den Evangelischen Religionsunterricht umfassen. Vorbereitung und Durchführung geschehen im Zusammenwirken mit den örtlich zuständigen Beauftragten im Bereich der jeweiligen Arbeitsstelle für Evangelischen Religionsunterricht.
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Inkrafttreten

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§ 8

Diese Ordnung tritt am 27. April 2009 in Kraft. Die Besuchsordnung für die evangelisch-reformierten Gemeinden in Berlin-Brandenburg (Amtsblatt EKiBB vom 15.4.1952) tritt zu dem gleichen Zeitpunkt außer Kraft.