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Kirchengesetz zum kirchlichen Umgang mit Darstellungen, die von judenfeindlichem, rassistischem und nationalsozialistischem Gedankengut geprägt sind

Vom 1. April 2022

(KABl. Nr. 48 S. 55)

Die Landessynode hat das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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§ 1
Geltungsbereich

( 1 ) Dieses Kirchengesetz findet Anwendung auf die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), die Kirchenkreise und die Kirchengemeinden und deren rechtlich selbstständige öffentlich-rechtliche Verbände sowie öffentlich-rechtliche Stiftungen (kirchliche Stellen).
( 2 ) Dieses Kirchengesetz gilt für die kirchlichen Werke, Einrichtungen und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, wenn und soweit deren zuständige Organe die Übernahme dieses Kirchengesetzes beschlossen haben.
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§ 2
Glaubensgrundlage, Verhältnis der Landeskirche zum Judentum

( 1 ) Mit den Glaubensgrundlagen und Ordnungen der Landeskirche unvereinbar ist die Darstellung von judenfeindlichem, rassistischem und nationalsozialistischem Gedankengut.
( 2 ) Die EKBO misst „in Leben und Lehre dem Verhältnis zum jüdischen Volk besondere Bedeutung zu und erinnert an die Mitschuld der Kirche an der Ausgrenzung und Vernichtung jüdischen Lebens“ (Grundartikel I. 12. der Grundordnung). Zur Umkehr gerufen, sucht sie Versöhnung mit dem jüdischen Volk und tritt jeder Form von Judenfeindschaft entgegen.
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§ 3
Verbot des liturgischen Gebrauchs von Darstellungen judenfeindlichen, rassistischen
und nationalsozialistischen Gedankenguts

Ein liturgischer Gebrauch von beweglichen Sachen, die Darstellungen gemäß § 2 Absatz 1 aufweisen, ist ausgeschlossen. Dies gilt auch für in oder an einer Kirche verbaute Glocken und Musikinstrumente oder Teile davon.
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§ 4
Prüf- und Berichtspflicht

( 1 ) Kirchliche Stellen, die über Darstellungen gemäß § 2 Absatz 1 verfügen, sind zur Prüfung verpflichtet, mit welchen Maßnahmen ein Zustand sichergestellt werden kann, der den Glaubensgrundsätzen und Ordnungen der Landeskirche entspricht. Die kirchliche Stelle berichtet dem Konsistorium über das Prüfungsergebnis und setzt geeignete Maßnahmen um, um einen den §§ 2 und 3 gemäßen Zustand herzustellen.
( 2 ) Bei der Prüfung des Umgangs mit Darstellungen gemäß § 2 Absatz 1 sind die Belange der Opfer zu beachten, pädagogischen oder wissenschaftlichen Erfordernissen Rechnung zu tragen und denkmalpflegerische Belange zu berücksichtigen.
( 3 ) Bewerten die kirchliche Stelle und das Konsistorium die Vereinbarkeit der Darstellung mit den in § 2 genannten Maßstäben unterschiedlich, entscheidet die Kirchenleitung. Sie holt sich dazu das Votum des gegebenenfalls für Erinnerungskultur eingerichteten Beirats und weiterer sachkundiger Stellen ein.
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§ 5
Aufsichtsmittel

( 1 ) Das Konsistorium kann die Durchführung der gemäß § 4 Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Maßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist anordnen. Kommt die kirchliche Stelle ihren Pflichten nach diesem Kirchengesetz nicht nach, trifft das Konsistorium die erforderlichen Maßnahmen.
( 2 ) Die kirchliche Stelle ist vor der Entscheidung des Konsistoriums anzuhören; dabei ist ihr Gelegenheit zu geben, binnen angemessener Frist erneut über in Betracht kommende Maßnahmen zu entscheiden.
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§ 6
Finanzierung

( 1 ) Kirchenkreis und die Landeskirche können auf Antrag der betroffenen kirchlichen Stelle für Maßnahmen nach § 4 Absatz 1 Satz 2 einen Zuschuss leisten.
( 2 ) Unter die Kosten fallen sowohl Kosten für den Kauf einer ersetzenden Sache als auch Transportkosten und Anpassungsmaßnahmen an Gebäuden, die in unmittelbarem Zusammenhang zur Ersetzung stehen. Kosten für den Entwurf können im begründeten Einzelfall umfasst sein.
( 3 ) Im Falle einer Ersatzvornahme trägt allein die säumige kirchliche Körperschaft die anfallenden Kosten.
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§ 7
Inkrafttreten

Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Mai 2022 in Kraft.