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Berliner Stiftungsgesetz (StiftG Bln)

Vom 27. Juni 2024

(GVBl. S. 429)

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§ 1
Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts, die nach ihrer Satzung ihren Sitz im Land Berlin haben (im Folgenden: Stiftungen).
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§ 2
Zuständigkeit für die Anerkennung von Stiftungen

Die für Justiz zuständige Senatsverwaltung ist die für die Anerkennung von Stiftungen nach § 80 Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches zuständige Behörde. Ihr obliegt auch die Ergänzung des Stiftungsgeschäfts um die Satzung oder um fehlende Satzungsbestimmungen in den Fällen des § 81 Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
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§ 3
Entscheidung bei Zweifeln über die Rechtsnatur oder die Art einer Stiftung

Bestehen Zweifel über die Rechtsnatur oder die Art einer Stiftung, insbesondere darüber, ob sie eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts ist, entscheidet darüber die für Justiz zuständige Senatsverwaltung.
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§ 4
Bekanntmachung

Die für Justiz zuständige Senatsverwaltung hat die Anerkennung, das Erlöschen sowie die Feststellung der Rechtsnatur oder Art einer Stiftung im Amtsblatt für Berlin zu veröffentlichen. Bei der Anerkennung einer Stiftung umfasst die Veröffentlichung auch die Angabe des Stiftungszwecks.
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§ 5
Staatsaufsicht, Aufsichtsbehörde

( 1 ) Die Stiftungen unterstehen der Staatsaufsicht Berlins.
( 2 ) Die Staatsaufsicht hat die Rechtmäßigkeit der Verwaltung der Stiftungen zu überwachen.
( 3 ) Die für Justiz zuständige Senatsverwaltung ist die für die Rechtsaufsicht nach den Absätzen 1 und 2 zuständige Behörde. Sie ist zugleich die zuständige Behörde für:
  1. das Ergreifen von Notmaßnahmen bei Fehlen von Organmitgliedern nach § 84c des Bürgerlichen Gesetzbuches,
  2. die Genehmigung von Satzungsänderungen nach § 85a Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die Vornahme von Satzungsänderungen nach § 85a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie die Erteilung der Zustimmung in den Fällen des § 85a Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches,
  3. die Genehmigung von Zulegungs- und Zusammenlegungsverträgen nach § 86b Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die Vornahme von Zulegungen und Zusammenlegungen nach § 86b Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie die Erteilung der Zustimmung in den Fällen des § 86b Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches,
  4. die Genehmigung der Auflösung von Stiftungen nach § 87 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie für die Aufhebung von Stiftungen nach § 87a des Bürgerlichen Gesetzbuches.
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§ 6
Befugnisse der Aufsichtsbehörde

( 1 ) Die Organmitglieder einer Stiftung sind verpflichtet, der Aufsichtsbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben jederzeit auf Verlangen Auskünfte zu erteilen sowie Geschäfts- und Kassenbücher, Akten und sonstige Unterlagen zur Einsichtnahme vorzulegen.
( 2 ) Die Aufsichtsbehörde kann die Ergänzung und Berichtigung von Jahresberichten verlangen sowie Angaben, Bücher und Unterlagen auf Kosten der Stiftung nach § 8 Absatz 2 Satz 1 oder durch andere Sachverständige in dem von ihr für erforderlich gehaltenen Umfang prüfen lassen.
( 3 ) Die Aufsichtsbehörde kann Beschlüsse und andere Maßnahmen der Stiftungsorgane, die Rechtsvorschriften oder der Stiftungssatzung widersprechen, beanstanden und verlangen, dass sie innerhalb einer bestimmten Frist aufgehoben oder rückgängig gemacht werden. Nach Satz 1 beanstandete Beschlüsse und andere Maßnahmen dürfen nicht durchgeführt werden.
( 4 ) Wird eine durch Rechtsvorschrift oder Satzung gebotene Maßnahme nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt, kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass sie innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführen ist.
( 5 ) Die Aufsichtsbehörde kann Mitglieder von Organen einer Stiftung aus wichtigem Grund abberufen.
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§ 7
Stiftungsverzeichnis, Vertretungsbescheinigung

( 1 ) Die Aufsichtsbehörde führt ein Verzeichnis der Stiftungen. In dieses Verzeichnis ist jede Stiftung mit ihrem Namen, ihrem Zweck und ihrer Anschrift aufzunehmen. Die Aufsichtsbehörde veröffentlicht das Verzeichnis allgemein zugänglich in geeigneter Form.
( 2 ) Die Aufsichtsbehörde bescheinigt Stiftungen auf Antrag schriftlich unter Wiedergabe der einschlägigen Satzungsbestimmungen, welche Personen nach den gemäß § 8 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 gemachten Angaben dem Vertretungsorgan der Stiftung angehören (Vertretungsbescheinigung). Einer dritten Person kann diese Bescheinigung erteilt werden, wenn sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht.
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§ 8
Anzeige- und Rechenschaftspflichten

( 1 ) Die Mitglieder des Vertretungsorgans einer Stiftung sind verpflichtet, der Aufsichtsbehörde:
  1. unverzüglich die jeweilige Zusammensetzung der Organe der Stiftung einschließlich der Verteilung der Ämter innerhalb der Organe anzuzeigen, zu belegen und die jeweiligen Anschriften der Stiftung und der Mitglieder des Vertretungsorgans mitzuteilen,
  2. einen Jahresbericht, der aus einem Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks und entweder einer Jahresabrechnung mit einer Vermögensübersicht oder einem Prüfungsbericht nach Absatz 2 besteht, einzureichen; dies soll innerhalb von sechs Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres geschehen, bei Einreichung eines Prüfungsberichts innerhalb von zehn Monaten. Die Jahresberichte müssen den Anforderungen der Aufsichtsbehörde entsprechen.
Die Aufsichtsbehörde darf die nach Satz 1 Nummer 1 erhobenen sowie weitere personenbezogene Daten der Mitglieder der Stiftungsorgane, wie beispielsweise das Alter oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe, verarbeiten, soweit dies für die Beurteilung der satzungsgemäßen Besetzung der Organe der Stiftung erforderlich ist.
( 2 ) Werden Stiftungen durch eine Behörde der öffentlichen Verwaltung, einen Prüfungsverband, einen öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer oder eine öffentlich bestellte Wirtschaftsprüferin oder eine anerkannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft, ist anstelle der Jahresabrechnung und der Vermögensübersicht der Prüfungsbericht einzureichen. Die Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass sich eine Stiftung nach Satz 1 prüfen lässt. Der Prüfungsauftrag ist auch auf die Erhaltung des Grundstockvermögens und die satzungsgemäße Verwendung der Stiftungsmittel zu erstrecken. Das Ergebnis der Prüfung ist in einem Abschlussvermerk des Prüfers oder der Prüferin festzustellen. In diesem Fall bedarf es keiner nochmaligen Prüfung durch die Aufsichtsbehörde.
( 3 ) Erfolgt keine Prüfung nach Absatz 2, prüft die Aufsichtsbehörde die Erhaltung des Grundstockvermögens und die satzungsgemäße Verwendung der Stiftungsmittel in dem von ihr für erforderlich gehaltenen Umfang. Sie kann davon absehen, die Jahresberichte jährlich zu prüfen.
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§ 9
Staatsaufsicht bei Familienstiftungen

( 1 ) Familienstiftungen sind Stiftungen, die nach dem Stiftungsgeschäft oder der Satzung ausschließlich oder überwiegend dem Wohl der Mitglieder einer oder mehrerer bestimmter Familien dienen. Eine Stiftung, die von einem bestimmten Zeitpunkt an einen anderen Zweck verfolgen soll, wird für die Zeit, in der sie ausschließlich oder überwiegend dem Wohl der Mitglieder einer oder mehrerer bestimmter Familien dient, als Familienstiftung angesehen.
( 2 ) Bei Familienstiftungen beschränkt sich die Staatsaufsicht nach § 5 Absatz 2 auf die Überwachung der Zusammensetzung der Stiftungsorgane einschließlich der Verteilung der Ämter innerhalb der Organe. § 5 Absatz 3 Satz 2 bleibt unberührt.
( 3 ) Sieht die geltende Satzung einer vor dem 11. Dezember 1997 genehmigten Familienstiftung kein Aufsichtsorgan vor, kann die Aufsichtsbehörde über Absatz 2 Satz 1 hinaus auch Mitglieder von Organen aus wichtigem Grund abberufen.
( 4 ) Sieht die geltende Satzung einer vor dem 11. Dezember 1997 genehmigten Familienstiftung vor, dass diese Familienstiftung der Aufsichtsbehörde Jahresberichte zur Prüfung einzureichen hat, findet Absatz 2 Satz 1 insoweit keine Anwendung.
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§ 10
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.1# Zugleich tritt das Berliner Stiftungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juli 2003 (GVBl. S. 293), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Januar 2021 (GVBl. S. 75) geändert worden ist, außer Kraft.

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1 ↑ Die Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin erfolgte am 10. Juli 2024.