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Rechtsverordnung über die Ausbildung von Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen (Fachschulabschluss)

Vom 10. August 2012

(KABl. S. 163)

Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat aufgrund von § 2 Abs. 2 des Kirchengesetzes über die Ausbildung und Prüfung von Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen (Fachschulabschluss) vom 16. November 2002 (KABl.-EKiBB 2003 S. 7) die folgende Rechtsverordnung beschlossen:
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§ 1
Geltungsbereich

Diese Rechtsverordnung regelt die Ausbildung von Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen (Fachschulabschluss) im Amt für Kirchliche Dienste der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.
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§ 2
Ausbildungsziel

(1) Ziel der Ausbildung ist die Befähigung zu einem eigenständig verantworteten Dienst als Gemeindepädagogin oder Gemeindepädagoge in der Kinder-, Konfirmanden-, Jugend-, Erwachsenen- und Seniorenarbeit der Evangelischen Kirche.
(2) Die Ausbildung befähigt:
  1. im Bereich der Selbstkompetenz:
    1. die eigene Lebens- und Glaubensgeschichte zu reflektieren,
    2. eigene Ressourcen und Grenzen zu benennen,
    3. das eigene pädagogische Handeln kritisch zu reflektieren,
    4. kreativ und in Eigeninitiative zu handeln,
    5. eigene Lernprozesse zu gestalten,
    6. Aufgaben und Vorhaben zu überblicken und deren Planung strukturiert zu organisieren,
    7. effizient mit eigenen und fremden Ressourcen umzugehen.
  2. im Bereich der Sozialkompetenz:
    1. Beziehungen in reflektierter Balance von Distanz und Nähe zu gestalten,
    2. sich in andere Lebenswelten hineinzuversetzen und diesen Perspektivwechsel für Bildungsprozesse fruchtbar zu machen,
    3. Strukturen und Prozesse im gemeindepädagogischen Handlungsfeld zu erkennen, zu beschreiben und auf sie einzuwirken,
    4. situationsgerecht zu kommunizieren und den Kommunikationsprozess zu reflektieren,
    5. die eigene Rolle sicher zu gestalten.
  3. im Bereich der Fachkompetenz:
    1. berufsbezogenes Fachwissen in Bezug auf die gemeindepädagogische Praxis zu reflektieren und zu integrieren,
    2. Fragen und Anliegen von Zielgruppen zu reflektieren und im Sinne der Subjektorientierung in das eigene fachliche Handeln zu integrieren,
    3. gemeindepädagogisches Handeln im gesellschaftlichen, bildungspolitischen und kirchlichen Kontext einzuordnen und konzeptionell zu reflektieren,
    4. biblische, theologische und kirchliche Inhalte zu den vorgefundenen Lebenswelten in Bezug zu setzen und in einen wechselseitigen Erschließungszusammenhang zu bringen.
  4. im Bereich der Methodenkompetenz:
    1. fachwissenschaftlich fundierte Lern- und Lösungsstrategien selbständig auszuwählen, anzuwenden und weiter zu entwickeln,
    2. verschiedene Methoden in der gemeindepädagogischen Praxis sicher anzuwenden,
    3. Sprachfähigkeit des Glaubens zu fördern,
    4. Menschen in verschiedenen Altersphasen und Lebenslagen wahrzunehmen und mit Gruppen subjektorientiert, ressourcenorientiert und methodisch flexibel zu arbeiten,
    5. systemübergreifende Prozesse zu ermöglichen und zu begleiten,
    6. musisch-kreative und erfahrungsbezogene Lernzugänge zu kennen und zu fördern.
Die Selbst-, Sozial-, Fach- und Methodenkompetenz bedingen sich wechselseitig.
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§ 3
Ausbildungsumfang, Ausbildungsdauer, Abschluss der Ausbildung

( 1 ) Die Ausbildung findet berufsbegleitend statt. Sie besteht aus einem Grund- und einem Aufbaukurs. Jeder Ausbildungsteil erstreckt sich über zwei Jahre.
( 2 ) Der Grundkurs endet mit einer Teilabschlussprüfung, der Aufbaukurs mit einer Abschlussprüfung.
( 3 ) Die Ausbildung im Grund- und Aufbaukurs umfasst Theoriekurse (Module), Leistungsnachweise, Selbststudienanteile und Prüfungen sowie fünf Praktika. Die Module sind in Studieneinheiten untergliedert, die jeweils einen oder mehrere Theoriekurse umfassen.
( 4 ) Eine Ausbildungsberatung wird durch die Ausbildungsstätte gewährleistet. Sie findet mindestens zu Beginn der Ausbildung und nach dem erfolgreich bestandenen gemeindepädagogischen Teilabschluss statt.
( 5 ) Die Ausbildung kann aus persönlichen Gründen innerhalb eines Kursteiles auf Antrag einmal unterbrochen werden. Sie ist spätestens sieben Jahre nach Beginn des Grundkurses durch die Abschlussprüfung abzuschließen.
( 6 ) Über die Ausbildung wird ein Vertrag abgeschlossen. Die Beendigung des Ausbildungsvertrages bedarf der Schriftform. Gegen eine Kündigung des Vertrages durch die Ausbildungsstätte kann innerhalb eines Monats nach Zugang des Kündigungsschreibens Widerspruch beim Konsistorium eingelegt werden.
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§ 4
Aufnahmevoraussetzungen

Voraussetzungen für die Aufnahme in die Ausbildung sind:
  1. Realschulabschluss oder höherer Schulabschluss,
  2. vollendetes 21. Lebensjahr,
  3. abgeschlossene Berufsausbildung,
  4. Mitgliedschaft in einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland, mindestens aber in einer evangelischen Kirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen,
  5. Votum der Kirchengemeinde oder des zuständigen Kirchenkreises,
  6. Erfahrungen in der kirchlichen Arbeit (ehrenamtliche Tätigkeit),
  7. erfolgreiche Teilnahme am Aufnahmeverfahren.
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§ 5
Aufnahmeverfahren

( 1 ) Ziel des Aufnahmeverfahrens ist es, die Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers für die Ausbildung zur Gemeindepädagogin oder zum Gemeindepädagogen festzustellen und über die Zulassung zu entscheiden.
( 2 ) Das Aufnahmeverfahren besteht aus einer schriftlichen Aufgabe (thematische Niederschrift), einer Gestaltungs- und Kooperationsaufgabe, einem Gruppengespräch (Bibelgespräch) und einem Einzelgespräch.
( 3 ) Über die Eignung und Zulassung zur Ausbildung entscheidet eine Aufnahmekommission. Ihr gehören an:
  1. die zuständige Referentin oder der zuständige Referent des Konsistoriums der EKBO als Vorsitzende oder als Vorsitzender,
  2. die leitende Studienleiterin oder der leitende Studienleiter der gemeindepädagogischen Ausbildung,
  3. die Direktorin oder der Direktor des Amtes für kirchliche Dienste,
  4. Dozentinnen und Dozenten der Ausbildungsstätte oder einer anderen gemeindepädagogischen Ausbildungsstätte,
  5. mindestens eine Vertreterin oder ein Vertreter des Arbeitsfeldes Arbeit mit Kindern und Jugendarbeit im Amt für kirchliche Dienste.
Vertreterinnen und Vertreter anderer Landeskirchen, aus denen Bewerberinnen und Bewerber kommen, können als Gäste hinzugezogen werden.
( 4 ) Gegen die Entscheidung der Aufnahmekommission kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Konsistorium Widerspruch eingelegt werden.
( 5 ) Über Anträge weiterer Personen zur Teilnahme an ausgewählten Studieneinheiten zu Fortbildungszwecken entscheidet die Ausbildungsleiterin oder der Ausbildungsleiter der Ausbildungsstätte in Absprache mit der zuständigen Fachdozentin oder dem zuständigen Fachdozenten.
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§ 6
Inhalt der Ausbildung

( 1 ) Die Inhalte der Ausbildungskurse und ihre strukturellen Bedingungen sind in einem Rahmenausbildungsplan (Anlage)1# und in den Richtlinien für die Praxisausbildung für die einzelnen Fachbereiche und Praxisfelder zusammengestellt.
( 2 ) Im Grundkurs sind die Grundlagenmodule Theologie 1 (150 Stunden) und Gemeindepädagogik 1 (170 Stunden) sowie die Handlungsfeldmodule Arbeit mit Kindern und Familien (150 Stunden) zu absolvieren. Bei nachweisbarem Bedarf innerhalb der Landeskirche kann das Handlungsfeldmodul Arbeit mit Kindern und Familien aus dem Grundkurs durch ein anderes Handlungsfeldmodul aus dem Aufbaukurs ausgetauscht werden.
( 3 ) Im Aufbaukurs sind die Grundlagenmodule Theologie 2 (160 Stunden) und Gemeindepädagogik 2 (140 Stunden) sowie die Handlungsfeldmodule Arbeit mit Jugendlichen und Konfirmanden (100 Stunden), Arbeit mit Erwachsenen und Senioren (100 Stunden), Seelsorge (40 Stunden), Öffentlichkeitsarbeit und gemeindepädagogische Prozesse
(90 Stunden) zu absolvieren.
( 4 ) Der Rahmenausbildungsplan ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung.
( 5 ) Die Richtlinien für die Praxisausbildung werden vom Konsistorium in Absprache mit der Ausbildungsleitung erlassen.
( 6 ) Einzelne Handlungsfeldmodule können als zertifizierte Fortbildung genutzt werden.
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§ 7
Struktur der Ausbildung

( 1 ) Die Ausbildung verbindet die Inhalte der Theoriekurse und die daraus resultierenden Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten mit den Erfahrungen der Praktika. Das begleitende Selbststudium dient der Vertiefung von Theorie und Praxis.
( 2 ) Die Ausbildung im Grundkurs gliedert sich in:
  1. Theoriekurse,
  2. begleitetes Selbststudium mit Hausaufgaben,
  3. Anfertigung von Leistungsnachweisen,
  4. ein Orientierungspraktikum (mindestens zwei Monate) und ein Praktikum in der kirchlichen Arbeit mit Kindern und Familien (zehn Monate) und
  5. Prüfungszeiten.
( 3 ) Die Teilnahme am Aufbaukurs setzt die bestandene Teilabschlussprüfung gemäß § 3 Abs. 2 und den Nachweis der Ausbildungsberatung voraus.
Die Ausbildung im Aufbaukurs gliedert sich in:
  1. Theoriekurse,
  2. begleitetes Selbststudium mit Hausaufgaben,
  3. Anfertigung von Leistungsnachweisen,
  4. je ein fünfmonatiges Praktikum in der kirchlichen Jugend- und Konfirmanden-, der Erwachsenen- und Senioren- sowie der Öffentlichkeitsarbeit und
  5. Prüfungszeiten.
( 4 ) Die Ausbildung kann auf Antrag verkürzt werden. § 8 Abs. 4 gilt entsprechend.
( 5 ) Die Reihenfolge der einzelnen zu absolvierenden Handlungsfeldmodule kann von der durch die Ausbildungsstätte angebotenen Reihenfolge abweichen. Das Handlungsfeldmodul „Öffentlichkeitsarbeit und gemeindepädagogische Prozesse“ sollte erst nach dem erfolgreichen Absolvieren von mindestens zwei anderen Handlungsfeldmodulen absolviert werden.
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§ 8
Leistungsnachweise und Prüfungen

( 1 ) In der Grund- und Aufbauausbildung sind im Rahmen der einzelnen Module und in gesonderten Prüfungsphasen schriftliche und mündliche Leistungsnachweise, Prüfungen und Praxisnachweise zu erbringen. Jedes Modul ist in sich abgeschlossen; Leistungsnachweise und Prüfungsleistungen sind jeweils gesondert zu bewerten.
( 2 ) Für die erbrachten Leistungen und Praxisnachweise im Grund- und Aufbaukurs ist ein Studienbuch (Testatbuch) gemäß den Richtlinien für die Praxisausbildung zu führen. Es enthält für die einzelnen Module die erreichten Leistungspunkte und Praxisanteile. Daneben kann auch ein Verbalgutachten der Ausbildungsstätte zu den einzelnen Leistungen enthalten sein.
( 3 ) Die Leistungspunkte werden studienbegleitend erworben. Die für die einzelnen Leistungsnachweise festgesetzten Leistungspunkte werden gemäß einer Grundtabelle ermittelt.
( 4 ) Leistungsnachweise anderer Ausbildungseinrichtungen können im Einzelfall anerkannt werden, sofern sie den Standards dieser Studienordnung entsprechen. Die Entscheidung über eine Anerkennung trifft die Ausbildungsleitung in Verbindung mit den jeweiligen Fachdozentinnen und Fachdozenten.
( 5 ) Die Wiederholung von einzelnen Studienleistungen innerhalb des zeitlichen Rahmens des jeweiligen Moduls, spätestens jedoch vor der mündlichen Prüfung, ist zulässig.
( 6 ) Näheres über die zu erbringenden Leistungsnachweise und Prüfungen regelt die Prüfungsordnung.
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§ 9
Übergangsbestimmungen

Für Auszubildende, die ihre Ausbildung vor dem 1. September 2011 begonnen haben, gilt das bisherige Recht fort. Auszubildende der EKBO mit einem gemeindepädagogischen Teilabschluss aus den Jahren 2005 bis 2013, die eine Empfehlung der Dozentenkonferenz zum Aufbaukurs erhalten haben, können im Rahmen dieser Ordnung in den modularisierten gemeindepädagogischen Aufbaukurs aufgenommen werden.
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§ 10
Inkrafttreten, Außerkraftteten

( 1 ) Diese Rechtsverordnung tritt am 1. September 2012 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt die Rechtsverordnung über die Ausbildung von Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen (Fachschulabschluss) vom 13. Dezember 2002 (KABl.-EKiBB 2003 S. 8) außer Kraft.